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Cornelia Funke
  "Tintenherz"
 
Premiere am 19. Oktober 2012
     
 
Regie: Matthias Huber
    Bühne: Thomas Weinhold
    Kostüme: Cleo Niemeyer
     
 

"Unter einem blassen Mond, in einer Nacht, die kühl war wie der Regen, stand ein alter Hof. Der Sternenhimmel darüber war prächtig. Hier wohnten Mo und seine Tochter Meggie. Mo war Buchbinder. Er konnte wertvolle alte Bücher von Schimmel und Staub befreien oder ihnen ein neues Kleid schneidern. Mo und Meggie liebten ihre Bücher und deren Geschichten über alles. Bis eines Abends eine dieser Geschichten Wirklichkeit wurde."

Denn eines stürmischen Abends taucht ein unheimlicher Gast bei Mo und Meggie auf. Staubfinger. Er nennt Mo Zauberzunge und warnt ihn vor einem Mann namens Capricorn, der auf der Suche ist nach ihm, Zauberzunge, und nach dem letzten Exemplar eines Buches. Eines Buches namens "Tintenherz". Am nächsten Morgen reist Mo mit Meggie überstürzt zu seiner Tante Elinor, einer sehr strengen Person und erklärten Kinderhasserin. Doch Tante Elinor besitzt die kostbarste Bibliothek, die Meggie je gesehen hat. Hier will Mo das Buch, um das sich alles dreht, verstecken, "Tintenherz" - das Buch, das Mo vor vielen Jahren zum letzten Mal vorgelesen hat und das jetzt ein unglaubliches, magisches und atemberaubendes Abenteuer heraufbeschwört. Ein Abenteuer, in dessen Verlauf Meggie nicht nur dem Geheimnis von Staubfinger, Zauberzunge und Capricorn auf die Spur kommt, sondern auch selbst in große Gefahr gerät.

Text - Theater Chemnitz !!!

 

 
Die Premiere spielten:
Erzählerin / Resa
-
Annett Sawalisch
 
Mo
-
Michael Pempelforth
 
Meggie
-
Runa Schäfer
 
Tante Elinor
-
Ulrike Euen
 
Capricorn
-
Bernhard Conrad
 
Basta
-
Sebastian Tessenow
 
Flachnase
-

Urs Rechn

 
Staubfinger
-
Wenzel Banneyer
 
Fenoglio
-

Bernd-Michael Baier

 

KRITIK:

Wenn Bücher zu leben beginnen
Roman-Bestseller auf der Bühne: Das "Tintenherz" erzählt am Theater Chemnitz für Kinder ab zehn Jahre eine Geschichte von der Kraft der Fantasie.

Die halbwüchsige Meggie ist schon sehr tapfer, denn sie lebt mit ihrem Vater Mo in heutiger Zeit allein auf einem einsamen, verlassenen Hof. Eine Mutter hat sie nicht mehr. Der Vater ist Buchbinder, und es trifft sich gut, dass auch Meggie gern liest. Alles also scheint in schönster Ordnung, bis eines Tages eine finstere, traurige Gestalt an die Tür klopft, Staubfinger. Der nennt ihren Vater plötzlich "Zauberzunge" und warnt vor Capricorn. Was hat das alles nur zu bedeuten?

Dunkel sind die Geheimnisse, von denen "Tintenherz", die märchenhafte Inszenierung des Schauspiels Chemnitz für Kinder ab zehn Jahre, berichtet. Und spannend dunkel bleibt es bis auf wenige hellere Momente die gesamte Spielzeit über auf der Bühne. Robert Koall hat das Jugendbuch der Bestseller-Autorin und Auflagen-Millionärin Cornelia Funke für die Bühne bearbeitet Ein straffer Plot reduziert die handelnden Personen des Buches auf ein begreifliches Maß und schafft Übersichtlichkeit im Abenteuer. Die 100 Minuten der Inszenierung von Matthias Huber bergen explosive Spannung, denn die Bösewichter sind hier richtig schön böse, und die "Guten" sind auch nicht dämlich, sondern stecken voller Energie. Ganz wesentlich gelingt ""Tintenherz" durch eine langsame Erzählweise, die nicht plappert, sondern die den Worten Taten folgen lässt wie im klassischen Märchen auch.

Denn in "Tintenherz" werden die Gestalten eines Buches lebendig, sie verlassenen das geschriebene Wort und beginnen ein Eigenleben voller entfesselter Bosheit, aber auch Tragik Meggies Vater, genannt Zauberzunge, hat dies Wunderwerk vollbracht und die Figuren herausgelesen - und muss nun die Geister, die er rief, wieder bändigen. Das ist schier unmöglich und nur im Verein mit seiner Tochter und so prachtvoll couragierten Menschen wie Tante Elinor möglich.

Die Inszenierung verweigert sich modernen kindlichen Ansprüchen nicht, lässt aber auch mal Goldtaler regnen. Für die Szenen schrieb Rene Szyrnanski von der Chemnitzer Band Radar sphärische Klänge, die das Düstere Vertiefen und schärfen. Die Bühne von Thomas Weinhold offeriert Bildfindungen, die mehr andeuten als vollenden: Ein Buch am Anfang, das sich öffnet und Meggies Zimmer freigibt - Staubfinger, der im Lichtkegel mitten im schwarzen Bühnenraum auftaucht - oder die apokalyptische Welt des diabolischen Capricorn, ein aschgraues Szenario von Verwüstung und Bücherverbrennung.

Hier tummeln sich auch die Bösewichter Basta (Sebastian Tessenow) und Flachnase (Urs Rechn), beide schön fies, ein Schönling im weißen Anzug der eine, ein Waldschrat der andere. Huber hat mit seiner Personenzeichnung Typen mit Charakter auf die Bühne gebracht, Meggie zuerst. Runa Schäfer zeigt ein neugieriges Mädchen, das Gefahren nicht scheut. Michael Pempelforth als Vater verfügt über die Wortgewalt, die Zauberzunge auch zugeschrieben wird. Tante Elinor spielt Ulrike Euen zunächst vom Typ Schreckschraube, steif wie die englische Königin, die aber clever über sich hinauswächst, denn auch das lernt man in Büchern. Boshafter, diabolischer, herzloser als Bernhard Conrad kann man Capricorn nicht spielen.

Sein tragisches Gegenüber, Staubfinger (Wenzel Banneyer) macht sensibel für die Loser. Und Bernd-Michael Baier als Schriftsteller gelingt das Kabinettstück eines selbstverliebten Gockels, der tapfer genug ist, dem Bösen die Stirn zu bieten. Die Szenen verbindet Annett Sawallisch als Erzählerin - in ihr erkennt Meggie später ihre Mutter wieder. Für das Spiel gab es zur Premiere viel Beifall.

Marianne Schultz, Freie Presse, 22.10.2012

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Viel Beifall für ‚Tintenherz'
Keine Angst vor Herzrasen

Bücher können einem Angst ein- und ausjagen. "Tintenherz" gehört dazu. Wer sich den fantasiegeballten 600-Seiten-Wälzer von Cornelia Funke (2003) sicherheitshalber im Chemnitzer Schauspielhaus reinzieht, ist in einer Stunde und 40 Minuten durch - und kriegt womöglich noch Lust zum Selberlesen eingejagt.

Aber keine Angst, Herzrasen bekommt man davon nicht. Regisseur Matthias Huber erzählt die Geschichte von Buchbinder Mo, Seiner Tochter Meggie, Tante Elinor und einem Haufen wild gewordener Abenteuergestalten mal liebevoll entspannt, mal staubtrocken, mal fröhlich rasant. Sein Ensemble kann in seltsam entrückten Bühnenbildern von Thomas Weinhold und zu berückend mystisch angehauchter Musik von René Szymanski köstlich schauspielern: eine in sich ruhende Erzählerin (Augenarbeiterin Annett Sawallisch), Capricorn (teuflisch aufgekratzt: Bernhard Conrad), der geheimniskrämerische Mo (Michael Pempelforth), Elinor (Ulrike Euen bis in die Fingerspitzen kinderscheu und buchverrückt), Staubfinger (schöner Leisetreter: Wenzel Banneyer), der eitel näselnde Schreiberling Fenoglio (Bernd Michael Baier), die unerschrockene Meggie (Runa Schaefer), die Finsterlinge Flachnase und Basta (Urs Rechn, Sebastian Tessenow).
Langer Premierenapplaus am Freitagabend.

Ch. Hamann-Pönisch, Morgenpost, 22.10.2012


 

 

 

  Erstellt am 07.10.2013