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  "Die Bremer Stadtmusikanten"
 
Premiere am 05. Oktober 2003
    Märchenballett von Torsten Händler
Musik von Gisbert Näther
 
 
    Choreographie und Inszenierung: Torsten Händler
    Bühne: Gerd Neubert
    Kostüme: Stephan Dietrich
    Textfassung: Karl-Hans Möller


   
 

Ein sprechender und singender Waldwegweiser ist an sich schon märchenhaft genug, aber einer, der auch tanzen kann, ist wohl so ziemlich einmalig in jener Märchenwelt, die zu Beginn der Spielzeit 2003/2004 wieder einmal die Bühnen der Theater Chemnitz dominiert. Das Ballettensemble bereitet die Premiere des Grimm'schen Märchens "Die Bremer Stadtmusikanten" zur Musik von Gisbert Näther vor. Der Potsdamer Komponist hat bereits die lustigen Streiche von "Max und Moritz" vertont und begleitet nun den Esel Graukopf, den Hund Bello, die Katze Jette und den Hahn Peter auf dem Weg zu ihrer neuen Karriere als Horn, Posaune, Klarinette und Trompete spielende Stadtmusikanten.

   
Ob die vier tierischen Vokalinstrumentalisten tatsächlich bis in die Hansestadt kommen, oder ob Räuber ihrem Engagement im Wege stehen, wird noch nicht verraten, wohl aber, dass die Tänzerinnen und Tänzer in Torsten Händlers Märchenballett auch in Menschenrollen schlüpfen, allerdings solche, denen Menschliches eher fremd ist, und die dennoch viel Ähnlichkeit haben mit solchen zeitlosen Gestalten, die weit weniger ins Reich der Märchen denn in das der Realität gehören.
Aber - alles wird gut - und lustig dazu, wenn es am 5. Oktober im Schauspielhaus heißt: "Es war einmal ..."
   
 
Die Premiere tanzten:
Wegweiser
-
Marko Bullack /
Benjamin Zettl
Esel
-
David Scherzer /
Lam Nguyen Thanh
Hund
-
Jiri Sieber /
Manuel Gross /
Boris Radzio
Katze
-
Alexandra Lehmann /
Ekaterina Kashcheeva
Hahn
-
Marléne Suisse
Corinna Siewert
Zwei Fliegen
-
Corinna Siewert /
Juliane Anna Pfeifer
Agnès Lópes Rio /
Katrin Schmidt
Müller
-
Albert Miller
Mischa Sternkopf
Jäger
-
Roman Konta
Tino Peschlow
Bäuerin
-
Anne-Sophie Finger
Juliane Anna Pfeifer
Köchin
-
Annamaria Gombos
Diana Jansen
Katrin Schmidt
Räuberhauptmann
-
Albert Miller
Mischa Sternkopf
Räuber
-
Roman Konta
Tino Peschlow
Räuberbraut
-
Anne-Sophie Finger
Juliane Anna Pfeifer
Kleiner Räuber
-
Annamaria Gombos
Diana Jansen
Katrin Schmidt

KRITIK:

Tierische Talente auf Stellensuche
Torsten Händlers Märchenballett „Die Bremer Stadtmusikanten“ in Chemnitz uraufgeführt

Traps, taps, traps, trampelt der Esel heran, als müsste er immer noch die schweren Mehlsäcke schleppen. Schlurf, schlurf, schlurf, schleicht der geprügelte Hund hinterher. Miaaaaaaaaaaaaau, schmiegt sich die Katze furchtsam hintan. Kikeri-krächz-kikeri-krächz, flieht der Hahn, verzweifelt hustend, vor der Köchin, die ihr Beil mit der scharfen Klinge bedrohlich durch die Luft sausen lässt.

Kurzum: Dieses Quartett hat gute Gründe, abzuhauen. Die tierisch Talentierten wollen nach Bremen, weil es da noch freie Stellen für Stadtmusikanten geben soll. Ja, natürlich handelt es sich dabei um ein Märchen, eines der Brüder Grimm, um genau zu sein. Der Potsdamer Komponist Gisbert Näther hat die „Bremer Stadtmusikanten“ vertont; Torsten Händler, der Chemnitzer Ballettchef, hat den Stoff in seiner jüngsten Choreografie verarbeitet.

Und nun also die Stadtmusikanten. Volles Haus am Sonntagvormittag, das Märchenballett lockte zahlreiche Kurzentschlossene. Es lohnte sich in jedem Fall, denn die getanzte Geschichte zog die vorwiegend jüngeren Zuschauer gleich vom ersten Augenblick in ihren Bann.

Ein märchenhafter Bühnenwald (Kulisse: Gerd Neubert), der sich sekundenschnell von einer fröhlichen Lichtung in einen geheimnisvollen Alptraumraum verwandeln kann -zum Glück gibt es Herrn Pfeil, den sprechenden, mitunter auch singenden Waldwegweiser. Er führt durch das Märchengeschehen, erklärt und kommentiert. Marko Bullack macht das hervorragend, wickelt die Zuhörer mit seiner charmanten Erzähler-Stimme um den Finger.

Nacheinander treten sie schließlich auf, die Stars der Aufführung. Zuerst Esel Graukopf (David Scherzer), der zukünftige I-a-Hornspieler. Danach Hund Bello (Jiri Sieber), der fortan Posaune bläst. Danach Katze Jette (Alexandra Lehmann), die Klarinette, und zum Schluss der trompetende Hahn Peter (Marlene Suisse). Sie alle stolzieren in prächtigen Kostümen (Stephan Dietrich) über die Bühne - und dennoch verleihen sie den einzelnen Tieren eine ganz persönliche, eine unverwechselbare Note.

Mindestens ebenso Aufsehen erregend kommt die Räuberbande daher, die sich schnell als ein Haufen großspurig protzender Möchtegerns entpuppt. Nach all der Spannung des Mitfieberns ist es für viele der kleinen Besucher erleichternd zu sehen, wie dusslig sich die Wegelagerer doch anstellen bei ihrer kopflosen Flucht vor vier krakeelenden Tieren, äh, Verzeihung, Stadtmusikanten. Besonders Annamaria Gombos als kleiner Räuber - geschätzte Größe: so hoch wie breit wie kugelrund - hat die Lacher auf ihrer Seite.

Torsten Händler dürfte mit seinen „Bremer Stadtmusikanten“ den nächsten Hit beim hiesigen Ballettpublikum gelandet haben. Kurzweilig und kunterbunt kommt der Stoff daher, die kongeniale Musik Gisbert Näthers (eingespielt von der Robert-Schumann-Philharmonie) hat Torsten Händler in zauberhafte, sich wiederholende Motive übersetzt. Jede Figur hat ihren eigenen tänzerischen Charakter, der sich in ihren Bewegungen widerspiegelt, in den Pirouetten und Pas de deux‘, in den grandiosen Ensembleszenen. Es gibt viel zu sehen und allerhand zu staunen – hoffentlich finden die begabten Stadtmusikanten den Rückweg aus Bremen nach Chemnitz rechtzeitig vor der nächsten Aufführung.

Katja Uhlemann, Freie Presse, 06.10.2003

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  Erstellt am 10.01.2007