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Mark Medoff
  "Red Ryder"
  Inszenierung des Chemnitzer Studios der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn Bartholdy" Leipzig
 
Premiere am 18. Juni 1995
     
 
Regie: Matthias Gehrt
    Bühne: Kathrin Hegedüsch-Bartsch
     


WO BIST DU HIN, JOE DIMAGGIO
EIN VOLK
SIEHT DIR NACH MIT
VERLASSENEN
AUGEN.
(Simon)

 

Wie die Sehnsucht nach dem USA-Baseball-Helden der 50er Jahre, ist der feste Glaube an den amerikanischen Traum dieser Zeit verblaßt. Den Intellektuellen-Traum von der Vereinigung der "Welt, wie sie ist" mit der „Welt, wie sie sein sollte" - und den Traum des „Kleinen Mannes": vom Tellerwäscher zum Millionär. Und gegangen sind auch die Helden -Robert Kennedy und James Dean sind Legende.
Und dennoch werden diese Träume unter einem Schleier von Resignation und Zynismus heute weitergeträumt. In einem lausigen Wüstenrestaurant im staubigen New Mexiko, im FOSTER‘S DINERS, träumt in einer grauen Morgenstunde Stephen Ryder, der neunzehnjährige Angestellte für die Nachtschicht. Seinen Spitznamen RED liebt er, obwohl die roten Haare der Kindheit längst verschwunden sind - ist dieser Name doch seine Bindung zu den Helden verflossener Kino-Welten, jenen wilden Rebellen, die gegen das Böse in der Welt kämpfte. In dieser Morgenstunde, an irgendeinem Sonntag, kommt nicht nur Angel, die Frühschicht, oder der Besitzer der benachbarten Tankstelle ins Diner, sondern auch einige Gäste, die es durch eine Straßenumleitung dorthin verschlagen hat. Und es kommt Teddy, der schon jeden Traum dieser Welt ausgeträumt hat - Freiheit, Rauschgift und Aggression... - lebendig gewordene Provokation für alle, die im Diner sitzen.

Und ihm den Boden bereiteten für seine Spiele, bös und gnadenlos bis hin zur Katastrophe. Alle beraubt er ihrer Masken, ihrer Lebenslügen, demütigt sie bis auf die Knochen und nimmt jedem den Rest von Illusion und Stolz. Doch als alles vorbei ist, ist es so, als wäre nichts geschehen. Stephen geht, er verläßt diesen Ort - kommt der RED RYDER „on the road" zurück oder ist er für immer verschollen in der Wüste der Gleichgültigkeit?

 

   

Die Premiere spielten:

Stephen Ryder

-

Daniel Rossmeisl*

Angel

-

Susanne Rögner*

Lyle Striker

-

Markus Schoenen*

Mr. Clark

-

Thomas Ziesch*

Richard Ethredge

-

Stephan Thiel*

Clarisse Ethredge

-

Katrin Huke*

Teddy

-

Peter Moltzen*

Cheryl

-

Anne Müller*

Der Mann in der Wüste

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Gerd Beyer*

* Studenten der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn Bartholdy" Leipzig am Studio Chemnitz

     
   

KRITIK:

Gewalttornado fegt über Menschenwüste "Red Ryder"-Premiere im Chemnitzer Schauspielhaus (18. Juni 1995)
Die Szenerie atmet in vielerlei Hinsicht Ödnis. Ausstatterin Kathrin Hegedüsch-Bartsch hat die schräge, verkleinerte Spielfläche mit etlichen Quadratmetern roten Sandes umgeben, die selbst am Horizont nichts weiter verheißen als Sand und Leere. Wie verloren wirkt darin die Gaststätte, die auch dann nicht weniger schäbig wird, wenn in ihr Angel bei Dienstbeginn beflissen die Tische putzt. Susanne Rögner legt hastige Geschäftigkeit an den Tag, hinter der sich allerdings nicht mehr verbirgt als der Trott täglich banaler Verrichtungen, bei denen Angel kaum etwas spürt von einem Leben, das irgendwo weit weg abläuft. Stephen dagegen, der sich gern Red nennen läßt, will seit langem weg. Daniel Rossmeisl gibt diesem Red einen Gang, den dieser neunzehjährige Angestellte offensichtlich einem Idol ab geschaut und dann einstudiert hat. Das Einerlei hätte sich gewiß so fortgesetzt, wäre da nicht Teddy aufgetaucht, ein junger Mann, den Peter Moltzen - dessen expressives Spiel zweifellos den Abend bestimmte - in einer Mischung aus Illusionslosigkeit und unberechenbarem Gewaltpotential zeigt. Sobald er das Geschehen an sich reißt, sobald Teddy beginnt, Red, Angel und weitere Zufallsgäste des Lokals zu terrorisieren, kommt Bewegung in die Geschichte.

Uta Trinks - Freie Presse, 20.06.1995


 
 

 

  Erstellt am 04.06.2000