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Kriminalkomödie von Peter Dehler
unter Verwendung aller 13 Olsenbandefilme von Erik Balling und Henning Bahs
  "Die Olsenbande dreht durch"
 
Premiere am 06. Juli 2001
     
 
Regie: Manuel Soubeyrand
    Bühne: Mike Hahne
     


 

Die vierzehn Filme von Erik Balling und Henning Bahs haben vor allem im Osten Deutschlands Kultstatus erreicht. Das Sujet, eines großangelegten Planes, der nur deshalb nie funktioniert, weil eine kleine Kleinigkeit nicht klappt, war sehr nahe an der freundlichen Betrachtung damaliger DDR-Realität. Der Plan von Regisseur Manuel Soubeyrand und Ausstatter Mike Hahne, aus den Filmen im Chemnitzer Schauspiel einen Theaterabend werden zu lassen, ist zwar "mächtig gewaltig" aber nicht ganz neu, denn inzwischen haben die drei unverwechselbaren Helden und ihre Yvonne via Cottbus, Rostock, Plauen und Freiberg längst die Bühne erobert. In Peter Dehlers Kriminalkomödie werden also die Olsen-Erfahrenen viele Streiche wiedererkennen, andere ihre neue Freude an dem genialen Plan Egons und an der liebenswerten Troddeligkeit seiner Freunde haben.

   

Die Premiere spielten:

Egon Olsen

-

Bernd Herold

Benny

-

Michael-Paul Milow

Kjeld

-

Thomas Martin

Yvonne

-

Elvira Grecki

Kommissar Jensen

-

Frank Höhnerbach

Assistent Holm

-

Thomas Grässle*

Dynamitharry

-

Klaus Schleiff

Bang Johansen

-

Uwe Manske

Viktor

-

Thiemo Schwarz*

Leibwächter / geheime Staatssekretäre

-

Martina Hesse*
Jahve Asefdjah*
Judith Hermsdorf*
Anna Politzer*

TV-Fußballmoderator

-

Nils Brück

Der Polizeichef Kopenhagens

-

Frank Meyer**

* Studenten der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn Bartholdy" Leipzig am Studio Chemnitz

** Mitglieder der Statisterie der Theater Chemnitz

KRITIK:

SIEGESSICHER IN DIE NÄCHSTE KATASTROPHE
Mit Wiedererkennungseffekt inszeniert: Premiere für die Kriminalkomödie "Die Olsenbande dreht durch" im Chemnitzer Schauspielhaus

Winkelemente gibt's reichlich, schließlich soll Egon bei seiner Entlassung aus dem Knast gebührend begrüßt werden. Benny verteilt fleißig. Auch Kjeld scheut keine Mühe, kommt aber nicht so gut voran, weil er seinen gigantischen Bauch durch die schon voll besetzten Reihen im Parkett zwängt und die amüsierten Premierenbesucher am Freitagabend im Chemnitzer Schauspielhaus zudem noch flehentlich nach etwas Essbarem anbettelt.
Und dann kommt er und hat - natürlich - wieder einen Plan. Egon Olsen wird vom Papierfähnchen wedelnden Publikum und von seinen Getreuen freudig empfangen, auch wenn die wahrscheinlich wieder mal nicht die ganze Genialität des neuen Coups begreifen werden, der längst in dem Melonen behüteten Haupt gereift ist. Ohne Benny und Kjeld freilich wären die legendären Pläne auch nichts wert, denn sie sind (zumeist) die Macher, während Egon von je her der Denker des dänischen Trios ist, für das es diesmal heißt "Die Olsenbande dreht durch". Spaß ist angesagt, das gilt als ausgemachte Sache, wenn man sich der Kopenhagener Gaunertruppe ergibt, ob nun im Film oder wie seit einigen Jahren nun auch auf dem Theater, zunächst landete Cottbus den Kultcoup, gefolgt von Rostock, Plauen und Freiberg.
Mag es um 30.000 Tonnen EU-Butter gehen, mag der große Hintermann Bang Johansen ausgetrickst werden, mag die Geschichte durch eine verwechselte Filmrolle voraneilen - die Handlung ist das Wichtigste nicht, ist es eigentlich nie gewesen in all den Jahren, die man mit den sympathischen Leinwandhelden verbrachte. In seiner Kriminalkomödie hat Peter Dehler ohnehin zusammengepuzzelt, was in 13 cineastischen Folgen schon irgendwie seinen Dienst versah. Und wer Lust, vor allem aber ausreichend Insidererfahrung mit den glücklosen Kleinganoven hat, die den Staat und die ganz großen Verbrecher übers Ohr hauen wollen, der kann erraten, aus welchem Film wohl welcher Gag stammt. Manuel Soubeyrand hat mit vielen kleinen witzigen Ideen auf Wiedererkennungseffekt hin inszeniert. Ob die filmischen Zitate der dreifachen Lara Croft aus "Tomb Raider" oder die Slapstick-Stolperei aus "Dinner für One" dem Abend zusätzliche Pointen aufsetzen, das mag jeder Zuschauer für sich entscheiden. Gebraucht hätte es dies nicht, weil die hervorragend aufgelegten Schauspieler ihrem Affen Zucker geben.
Elvira Grecki hält grandios als schrille Dauerquasselstrippe Yvonne die gesamte Männerwelt in Schach. Thomas Martin schlappert als Kjeld unsäglich vor Angst und Hunger. Beide zusammen sind die ausgemachten Favoriten des Publikums, gefolgt von Kommissar Jensen, der bei Frank Höhnerbach nicht nur kleinkarierter als sein Hut ist, sondern noch umwerfend komisch über jedes "F" stolpert. Bernd Herold schreitet als Egon großen Schritts und siegessicher in die nächste Katastrophe, die so gewiss ist wie die gelben Socken von Benny (Michael-Paul Milow), die so schön über die Bühne hüpfen, wenn der tänzelnd mal wieder alles "mächtig gewaltig" findet, was der Chef sagt. Die Lust am Ulk dominiert bei aller Disziplin, den beliebten Filmcharakteren gerecht zu werden, beispielsweise bei Klaus Schleiff, der den explosiv-versoffenen Dynamit-Harry genüsslich auskostet. Mike Hahnes Ausstattung beschränkt sich auf das Wesentliche, Kulissen könnten eh nur wenig ausrichten gegen Egons Schimpfkanonaden auf die "lausigen Amateure" oder Kommissar Jensens Jammerkommentare auf den ausgebliebenen Karrieresprung. Viel Beifall.

Uta Trinks , Freie Presse, 9.7.2001

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DER GROSSE COOP PLATZT
Die Olsenbande hält nicht zusammen

Mein Nachbar freut sich. Er hat ein Winkelement bekommen - rot mit weißem Kreuz. "Für Egon, wenn er rauskommt!" sagt Michael-Paul Milow und ist schon wieder beim nächsten Zuschauer, den Benny machen. "Mächtig gewaltig!" Es kann so einfach sein, die Leute zu beglücken. Gute Unterhaltung, mehr wollen die nicht. Da könnte Schauspieldirektor Manuel Soubeyrand tatsächlich recht haben. Und ich? Ich geh' da eben einfach nicht mehr gern hin. Ich kann mittlerweile in einer Stunde in Dresden sein, nach Leipzig brauche ich nur unwesentlich länger. Und weil ich locker vier Freunde finde, die sich gern mal wieder im Theater erschüttern lassen würden, die gern angemacht werden und auch geistig rege sind, wird die Fahrt nicht ganz so teuer. Kurzzeitig hatte ich übrigens überlegt, einen Aufruf zu starten: Anspruchsvolle Chemnitzer Bühnenfreunde - bitte meldet Euch. Vielleicht hätte ich genug Publikum zusammenbekommen, um eine Inszenierung jenseits von Dralala zu rechtfertigen. Aber weiß ich, ob das überhaupt gewollt ist? So habe ich's eben gelassen. So wie in Chemnitz so vieles gelassen wird, weil keiner weiß, ob's gewollt ist.
Mein Nachbar sitzt immer noch mit diesem Fähnchen da. Einige Sekunden hatte er's im Einsatz: Für Egon, als er rauskam. Jetzt lacht er hin und wieder. Nichts ernstes. Da parodiert Elvira Grecki sehr gekonnt den schrillen Tun der naiven Nervensäge Yvonne. Da debattiert Frank Hühnerbach als Kommissar Jensen überaus pointiert und liebenswert beschränkt. Da hat Bernd Herold mal wieder einen Plan, wie dieser Egon Olsen denn zwischen präzisen Bewegungen und stolzer Haltung lebendig wird. Und da tritt Thomas Martin auf, der den Kjeld sofort zum Publikumsliebling macht. Doch dazwischen ist nichts, oder wenigstens nicht viel. Nur eine gnadenlos dünne Bühnenfassung, die mit wilden Zitaten aus 13 oft gesehenen Filmen und mit guten alten Bekannten wie Dynamitharry, Holm oder Bang Johansen jongliert, dafür aber an den berühmten Einbrüchen, den minutiös ausgedachten und bis ins kleinste Detail kalkulierten Szenen spart. Die spannenden Momente sind gestrichen, die genialen Ideen ebenso. Dafür kommen die Kopenhagener Bodyguards ins Spiel, eine dreiköpfige Damenriege mit auserlesenem Geschmack und peinlich konstruierter Daseinsberechtigung. Was dann noch bleibt, ist eine müde Aneinanderreihung typischer Dialoge und die Präsentation der beliebten dänischen Filmstars. Mehr nicht. Oder doch: Eine deutschlandweite Erwähnung im "Stern": "Nach Cottbus, Plauen und Freiberg dürfen Egon, Benny und Kjeld jetzt, in der Inszenierung von Manuel Soubeyrand, in Chemnitz lustig scheitern.". Ob mein Nachbar den "Stern" liest?

Jenny Zichner, Stadtstreicher 08/2001


 

 

  Erstellt am 01.08.2001