Anton
Tschechow
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"Die Möwe" | ||
Premiere
am 04. April 2008
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Regie: Katja Paryla | |
Ausstattung: Dieter Klaß | ||
Video: Alexej Paryla | ||
Es ist Sommer, über dem See kreisen die Möwen. Tschechow malt mit menschensezierendem Humor eine Sommerfrische, ihre Langeweile, die man sich mit kleinen Sticheleien vertreibt, mit künstlerischen Wagnissen, mit der Liebe. Die Zeit wird lang, alle Gäste auf Sorins Gut haben das unerträgliche Gefühl, auf etwas zu warten. Katja Paryla inszeniert dieses oft fälschlicherweise als elegische Tragödie gesehene Stück im Sinne einer Komödie - mit dem feinen Unterton der Grausamkeit. Der junge, bald scheiternde Schriftsteller Kostja liebt die "Möwe" Nina, die liebt wiederum den bräsigen Erfolgsautor Trigorin, der aber liebt Arkadina; die düstere Mascha quält sich, Sorin wird kränker, der resignierte Arzt Dorn gibt auf, ein Lehrer mit Geldsorgen und Liebeskummer läuft kilometerweit zu Fuß, fehlt noch das schwerfällige Unglück des Ehepaares Schamarajew. Dieter Klaß hat ei leichtes, fast instabil wirkendes Bühnenbild für diese Geschichte über eine gesellschaftliche Übergangszeit entworfen, eine Geschichte, die scheinbar unsere eigene Zeit beschreibt. Text - Theater Chemnitz !!! |
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Die Premiere spielten: | ||
Irina
Nikolajewna Arkadina
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Antje Weber |
Konstantin
Gawrilowitsch Treplew
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Bernhars Klampfl |
Pjotr
Nikolajewitsch Sorin
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Tobias D. Weber |
Nina
Mihailowna Saretschnaja
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Maike Jebens |
Ilja
Afanasjewitsch Schmrajew
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Michael Paul Milow |
Polina
Andrejewna
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Melina von Gagern |
Mascha
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Sabine Fürst |
Boris
Alexejewitsch Trigorin
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Michael Pempelforth |
Jewgeni
Sergejewitsch Dorn
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Alexander Hetterle |
Semjon
Semjonowitsch Medwedenko
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Karl Sebastian Liebich |
KRITIK: Alle versammelt
im Wartesaal des Lebens
Chemnitz. Peng. Eine Möwe wird geschossen - aus purer Langeweile. Als die arme Kreatur dann herumgereicht wird, erweist sie sich als Pappkamerad, der schnell zur Seite gelegt wird. So interessant ist die Sache nun auch wieder nicht. Wie eigentlich überhaupt nichts in diesem Leben. Flüchtige Aufgeregtheiten scheuchen die Menschen auf dem russischen Landgut immer wieder auf, und alles fällt ebenso schnell wieder in sich zusammen - wie die aufblasbare Möwe, die zum Schluss des Stücks fast die halbe Bühne einnimmt. Ihr geht letztlich einfach die Luft aus. Anton Tschechow führt in seiner Komödie "Die Möwe", die am Freitagabend im Chemnitzer Schauspielhaus Premiere hatte, Menschen zusammen, die keinen Halt finden, die eben daran verzweifeln, dass sich all ihre Pläne, Träume und Hoffnungen ins Nichts verflüchtigen. Denen ist nicht zu helfen, und sie können sich nicht selber aus dem Schlamassel ziehen. Es bleibt nur, "aushalten, was mit einem passiert" - wie es einer von ihnen sagt. Eine Bühne auf der Bühne. Hier will der junge, aufstrebende Dichter Treplew (Bernhard Klampfl) sein erstes Stück einem Publikum vorstellen. Doch die Sache endet für den enthusiastischen jungen Mann im Desaster. Seine Mutter, die alternde Schauspielerin Arkadina (Antje Weber) stichelt. Mit dieser Art von moderner Kunst kann sie nichts anfangen. Wäre am Ende in der Inszenierung von Katja Paryla, der scheidenden Chemnitzer Schauspielchefin, ein gewisser selbstironischer Zug auszumachen? Eigentlich passiert ja nicht wirklich viel in diesem Stück - wie im Dasein der Figuren. Die versammeln sich am Folgemorgen zum Sonnenbad auf der kleinen Bühne und sitzen da wie im Wartesaal des Lebens. Auch vor dem kleinen Podest steht allerlei Gestühl herum (Ausstattung Dieter Klaß). Der Möglichkeiten also gäbe es viele, sich niederzulassen. Keiner aber ist da gelandet, wo er hinwollte. Das Unerreichbare, das wäre das Eigentliche. Desillusionierung hat sich breit gemacht. Zum Beispiel in der Liebe. Geliebt wird wohl vom jedem und jeder, aber keiner liebt zurück. Küsse gehen allenthalben ins Leere. Auch das Glück von Nina, die ihr Herz an den erfolgreichen Autor Trigorin verliert, ist nicht von Dauer. Er kehrt zu seiner ehemaligen ungeliebten Geliebten Arkadina zurück. Mascha (wunderbar Sabine Fürst), die Tochter des Gutsverwalters, liebt Treplew, heiratet aber den langweiligen Lehrer ... Katja Paryla stellt ein Panoptikum skurriler Typen auf die Bühne, die Karikaturen zuweilen verdächtig nahe kommen. Als Zuschauer bleibt man so ziemlich auf Distanz. Da hat sie wohl einen härteren Blick auf die Figuren als Tschechow selbst, der ihnen trotz allem sein Wohlwollen nicht entzog. Viel eiferndes Geschrei macht sich in der Szenerie breit. Eine Seelenschau, in der ein Schweigen auch mal mehr erzählt als so mancher schrille Ton, nein, das ist dieser Abend nicht geworden. Es geht um die Zustandsbeschreibung einer Gesellschaft im Stillstand, die sich angestrengt künstlich in Bewegung hält. Es gab viel Beifall. Uta Trinks, Freie Presse, 07.04.2008 ___________________________________________________________
Der Vogel fliegt
nicht Das Schauspiel Chemnitz zeigt "Die Möwe" von Tschechow. Sie haben getrunken. Viel zu viel natürlich, denn sie sind beide irgendwie unglücklich verliebt. Der bekannte Schriftsteller Trigorin in die offenherzige Nina, und die Tochter des Gutsverwalters in den rebellischen Treplew. Doch während er nur ein bisschen Arsch in der Hose braucht, ist ihr Glück längst dahin - und sie beschließt, einfach diesen merkwürdigen Lehrer zu heiraten, der ihr auf Schritt und Tritt folgt. Nicht gerade eine Schlüsselszene in Tschechows "Möwe", aber die beste des Abends. Wie da Schauspielerin Sabine Fürst diese 22-jährige verkrachte Existenz mit feinem Witz in die Verzweiflung treibt, sie zugedröhnt und fahrig ihre Zukunft auslotet, das ist einfach umwerfend. Und Michael Pempelforth als leicht introvertierter Poet mit Schreibzwang und ungeahnten Regungen des Herzens gibt immer wieder die feinen Anstöße für diesen munteren Dialog. Ansonsten bleibt die Inszenierung von Katja Paryla ohne Ereignis. Überdrehtes Geschrei Die illustre Gesellschaft um die Schauspielerin Arkadina trifft sich auf dem Landsitz ihres Bruders, um den Sommer zu genießen. Alle sind eingeladen, einem Theaterspiel zu folgen, das ihr Sohn aus Protest gegen die bestehende Kunst geschrieben hatte. Ein Desaster, denn obwohl sie sich alle langweilen, ist keiner in der Lage, Neues zu denken, anderes zuzulassen, mal aus dem Rahmen zu fallen. Tschechows Komödie ist nach wie vor ein wunderbares Stück über die Sehnsucht nach Glück und die Unfähigkeit, es selbst aktiv in die Hand zu nehmen. So ertragen sie letztlich ihre öde, leere Existenz bis zum Tode. Nur Trepljow ist anders - und wird sich am Ende verzweifelt erschießen. Die Chemnitzer Schauspieldirektorin lässt von all dem zermürbenden Dahinleben wenig spüren. Oft ist nicht mehr als harmloses Gejammer im Spiel, überdrehtes Geschrei, wildes Gestikulieren - ein kleines bisschen Depression. So zeigt Antje Weber als Arkadina nicht mehr als Fassade, und Bernhard Klampfl kommt als Treplew nicht über den ambitionierten dummen Jungen hinaus. Dazu gibt's eine nüchterne Bühne von Dieter Klaß: Zwischen weißen Stoff-Säulen erhebt sich eine kleine Bühne, die die Distanz zum Zuschauerraum noch verstärkt. So bleibt letztlich nicht viel im Herzen, wenig im Gedächtnis. Die Möwe fliegt einfach nicht. Jenny Zichner, Sächsische Zeitung, 07.04.2008 ___________________________________________________________ |
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Erstellt am 07.04.2008 | |||