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Hans Fallada / Helmut Bez
  "Kleiner Mann was nun"
 
Premiere am 11. September 1993
     
 
Regie: Hartwig Albiro
    Bühne: Ralf Winkler
     


Einfühlsam und voller Dramatik erzählt Fallada in seinem bekannten und berühmten Eheroman, den Hermann Hesse „das Buch vom armen geduldigen kleinen Mann" nannte, vom Angestellten Pinneberg und seinem „Lämmchen", einer Frau von unbeirrbarer Lebenskraft, die beide im Überlebenskampf gegen eine menschenunfreundliche Welt und wirtschaftliche Not die Idylle ihres Familienglückes zu behaupten versuchen.
Aber Pinneberg ist den rigorosen Methoden und Spielregeln des Existenzkampfes nicht gewachsen. Aus dem erträumten Aufstieg wird ein Abstieg ins Arbeitslosendasein. Ohne Lämmchen würde Pinneberg, der sich gedemütigt und ausgestoßen fühlt, wohl in Apathie und dumpfe passive Resignation verfallen. In keinem anderen Roman Falladas finden wir Parteinahme für die sozial Schwachen und konkrete Gesellschaftskritik so ausgeprägt wie in „Kleiner Mann was nun?" Er sei nur ein Schilderer, hat Fallada einmal gesagt. Die Schilderung, vor allem des Lebens der kleinen Leute, ist seine Stärke. Darin, hatte Hermann Hesse bemerkt, sei er „zu einem Meister geworden, auf den man hören muß". und man darf hinzufügen, ein Meister, auf den man auch heute noch hören kann.
Hans Fallada, der volkstümlichste deutsche Erzähler und Chronist der wechselvollen Jahrzehnte nach dem 1.Weltkrieg, wurde am 21. Juli 1893 in der kleinen Universitätsstadt Greifswald als ältester Sohn eines Landrichters und späteren Reichsgerichtsrates geboren. Nach humanistischer Vorbildung übte er lange Jahre hindurch die verschiedensten Berufe aus, war landwirtschaftlicher Beamter und Buchhalter, Kartoffelzüchter und Nachtwächter, Adressenschreiber, Handlunggehilfe und Anzeigenwerber. 1931 erschien sein erster erfolgreicher Roman „Bauern, Bonzen und Bomben". 1932 machte ihn sein Arbeitslosenroman "Kleiner Mann was nun ?", der in zwanzig Sprachen übersetzt und zweimal verfilmt wurde, weltberühmt. Hans Fallada starb am 5. Februar 1947 in Berlin. Von seinen weiteren Romanen wurden vor allem „Wer einmal aus dem Blechnapf frißt „ und „ Wolf unter Wölfen" bekannt. Der bekannte Berliner Autor Helmut Bez, Verfasser vieler Musical-Libretti, z.B. „Mein Freund Bunbury", von Hörspielen und Theaterstücken, z.B. „Jutta oder Die Kinder von Damutz", hat im Auftrag der Städtischen Theater eine Theaterfassung von Fallada berühmtestem Roman hergestellt, die in Chemnitz zum 100. Geburtstag des Dichters ihre Uraufführung erleben wird.
   
Die Premiere spielten:
Jachmann
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Gerhard Hähndel
Dr. Sesam
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Peter Biele
Pinneberg
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Michael Thalheimer
Emma Mörschel, genannt Lämmchen
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Silke Röder
Herr Mörschel
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Otto Heidemann
Frau Mörschel
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Renate Hundertmark
Karl Mörschel
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Jörg Metzner
Kleinholz
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Bernd Baier
Schulz
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Andreas Möckel
Lauterbach
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Peter Kurth
Marie Kleinholz
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Katharina Groth
Mia Pinneberg
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Petra Förster
Drei Arbeitslose
-
Frank Höhnerbach
Peter Kurth
Stefan Schweninger
Lehmann
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Andreas Haase
Jänecke
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Bernd Baier
Heilbutt
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Jürgen Lingmann
Keßler
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Peter Biele
Wendt
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Jan Jochymski*
Otto, ein Herr
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Otto Heidemann
Else, eine Dame
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Edda Schwarzkopf
Eine zweite Dame
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Katharina Groth
Ein Lehrjunge
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Jan Jochymski*
Spannfuß
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Andreas Möckel
Kröpelin
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Peter Kurth
Puttbreese
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Stefan Schweninger
Frau Notnagel
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Edda Schwarzkopf
Franz Schlüter
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Frank Höhnerbach
Photographin
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Renate Hundertmark
Schutzmann
-
Jörg Metzner
 
* Studenten der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn Bartholdy" Leipzig am Studio Chemnitz
 

KRITIK:

Ganz auf die literarische Wirkung des Stoffs vertrauend, hat Helmut Bez eine neue dramatisierte Fassung für das Chemnitzer Schauspielhaus geschaffen. Die aktuellen Parallelen zur Situation im Osten Deutschlands lagen den Theatermachern so deutlich auf der Hand, daß sie die Handlung getrost in der Zeit vor rund 60 Jahren beließen. Wiederholbarkeit von Geschichte - die fatale Erkenntnis aus jüngster Vergangenheit gerade hier in den neuen Bundesländern. Vom moralischen Anspruch allein wird der Mensch nicht satt. So erlebt es der kleine Mann gerade wieder täglich. Denn, so sehr sich der Buchhalter Pinneberg um seine persönliche Integrität müht - die Verhältnisse sind nicht so.

Uta Trinks, Freie Presse

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„Es gibt kaum einen reizvolleren Stoff für einen Stückeschreiber", bekennt Helmut Bez, und das hat natürlich mit seiner Sicht auf Wirklichkeit und die erschreckenden Parallelen zu tun, die Falladas Romanhelden Johannes Pinneberg aus den 20er Jahren mühelos in unsere Zeit hinüberkatapultieren. Zumindest im Geiste. Denn Bez vermeidet tunlichst, den „kleinen Mann" aus dem sozialen Gefüge seiner Realität herauszulösen; aber er stellt sehr genau, scharfsichtig und mit feinem Gespür für versteckte Fingerzeige, die Ähnlichkeiten in den Zeitläufen (und ihre Auswirkungen auf die Figuren) heraus. Und die Geschichte Pinnebergs und seines Lämmchens wird hier durch Stück und Regie nicht nur zu einer Liebesgeschichte, sondern - und darin liegt ein besonderer Reiz - zu einer Studie über Varianten politischen und sozialen Verhaltens unter den Bedingungen der 20er Jahre (und unter heutigen).

Ingeborg Pietzsch, Theater der Zeit


 

 

  Erstellt am 26.02.2001