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Zauberposse mit Gesang von Johann Nepomuk Nestroy
  "Der böse Geist Lumpazivagabundus oder Das liederliche Kleeblatt"
 
Premiere am 22. Oktober 2005
     
 
Regie: Katja Paryla
    Ausstattung: Lothar Scharsich
     

 

Die Feen werden nervös, seit Neustem haust der böse Lumpazi auf der Erde. An höchster Stelle wird gerätselt, was dem Geist des sogenannten "Lotterlebens" gewachsen sein könnte: Glück? Oder Liebe? Die zuständigen Feen Fortuna und Amorosa verwetten das Glück ihrer Kinder auf die Rettung der Menschheit. Unten aber dreht sich die Erde wie ein altes Kettenkarrussel und der Schuster Knieriem singt aus voller Kehle: "Die Welt steht sicher nicht mehr lang". Da sieht Fortuna ihre Stunde gekommen: Nach einer ausgedehnten Sauftour träumen Knieriem und seine Freunde die Lottozahl des Hauptgewinns ...

 
 
Die Premiere spielten:
Stellaris
-
Alexander Hetterle
Fassel / Hausierer / Hobelmann
 
Bedienter / Maler / Windbeutel
 
     
Mystifax
-
Frank Höhnerbach
Pantsch / Strudel / Geselle / Lüftig
 
     
Leim / Hilaris
-
Bernhars Klampfl
     
Knieriem / Hackauf / Lumpazivagabundus
-
Axel Sichrovsky
     
Zwirn / Fludribus
-
Stefan Wancura
     
Fortuna / Frau von Plapiti / Gertraut
-
Sylvia Bretschneider
     
Amorosa / Hannerl / Laura
-
Anke Fleuter
Anastasia Hobelmann
 
     
Brillantine
-
Sabine Fürst
Sepherl / Peppi / Camilla
 
     
Musiker
-
Steffan Claußner
     
Musiker
-
Gregor Kuhn
     
Alte Zauberer
-
Percy B. Albert **
-
Rüdiger Benson **
-
Peter Heinicke **
 
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Alexander Jahn **
 
-
Günther Köhler **
 
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Frank Meyer **
 
-
Werner Sperling **
 
-
Jochen Stein **
 
-
Joachim Streubel **
     
** Mitglieder der Statisterie der Theater Chemnitz
 

KRITIK:

Ein mimisches Festgelage für die drei Antihelden
Viel Beifall für Nestroys Zauberposse "Der böse Geist Lumpazivagabundus oder Das liederliche Kleeblatt" im Chemnitzer Schauspielhaus

Zickenalarm, im Feenreich - und die Menschen haben es auszubaden. Weil Fortuna und Amorosa sich streiten, wie die Welt dem allseits waltenden Lotterleben zu retten sei, müssen der Schuster Knieriem, der Schneider Zwirn und der Tischler Leim als Versuchskaninchen her. Nur das Glück beziehungsweise nur die Liebe könnten die Erdenbewohner den Fängen des bösen Geistes Lumpazivagabundus entreißen - die Wette der beiden zänkischen Zauberwesen gilt, und die drei abgerissenen Wanderburschen, bei denen Hopfen und Malz zwar hoch im Kurs stehen, aber dennoch längst verloren scheinen, müssen noch mal ganz von vom anfangen.
In der Zauberposse "Der böse Geist Lumpazivagabundus oder Das liederliche Kleeblatt" von Johann Nepomuk Nestroy, die am Sonnabend als Teil des Festivals "Begegnungen" im Chemnitzer Schauspielhaus Premiere hatte, gibt's für die Probanten das Startkapital zu einem ordentlichen Leben per Lotterielos. Und die Versuchsanordnung besagt, dass man sich in einem Jahr wiedertrifft. Was dabei herauskommt, lässt sich denken: Wie gewonnen, so zerronnen. Fatalismus überall. Einzig Leim hat festen Boden unter die Füße bekommen. Knieriem und Zwim stehn da wie vordem. Doch da gibt es ja noch einen angepappten unsäglichen Friedefreude-Eierkuchen-Schluss, vor dem die Antihelden hier letztlich Reißaus nehmen. Obwohl Nestroys erfolgreichstes und einst häufig gespieltes Stück, ist der "Lumpazivagabundus" im Grunde ein rechter Schmarren. Regisseurin Katja Paryla hat, so man nicht zweifelt, warum das Werk überhaupt gespielt wird - schließlich brauchen Possen heutzutage keine Bühne mehr, allenfalls die politische - das einzig Richtige getan und die Geschichte mit deftiger Ironie gebrochen. Ein Festgelage für die drei Protagonisten aber ist der Abend zweifellos, noch dazu, dass die drei Österreicher mit dem 1833 im Theater an der Wien uraufgeführten Stück sprachlich ein Heimspiel haben. Allen voran Axel Sichrovsky als Knieriem, ein kosmisch versoffenes Subjekt mit Astronomie-Attitüde, aber auch Stefan Wancura als liebestoller Zwirn, der als Hochstapler und Lebemann nur zum Untergang verurteilt ist, und Bernhard Klampfl als Leim, aus dem die gutbürgerliche Existenz nicht mehr als einen gelackten Karl-Lagerfeld-Abklatsch macht.
Für die drei lohnt der Gang ins Schauspielhaus auf jeden Fall. Ihr Komödiantentum hilft dem Zuschauer über manch dramaturgische Schwächen des Stücks hinweg. Und am Ende ist einem das kaputte Kleeblatt allemal sympathischer als die lächerliche Zauberwelt sowie die "ehrenwerte" Gesellschaft auf Erden, die so albern und steif und unglaubwürdig das Fähnlein der Wohlanständigkeit hochhält, dass sie nur mehr Karikatur ihrer selbst ist.
Wortwitz und tagesaktuelle Anspielungen, wie an die gegenwärtige, durch den bevorstehenden Intendantenwechsel entstandene ungewisse Situation der Chemnitzer Theater selbst, verfehlen ihre Wirkung jedenfalls nicht. Vom Premierenpublikum gab es lang anhaltenden Beifall.


Uta Trinks, Freie Presse, 24.10.2005

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Liederliches Glück im lustigen Ende
Manchmal kommt das Glück ganz dick. Schauspielchefin Katja Paryla nahm es mit Johann Nepomuk Nestroys Zauberposse "Der böse Geist Lumpazivagabundus oder Das liederliche Kleeblatt" und viel Holidihokikeriki beim Schlafittchen.

Tischler Leim, Schneider Zwirn und Schuster Knieriem haben mit - Lottospieler aufgepasst! - Numero 7359 das große Los gezogen. Drei liederliche arme Schlucker, die keinen Dunst von einer Wette zwischen Fortuna und Amorosa haben, sind über Nacht reiche Handwerksleute. Der Gewinn von 100 000 Talern wird geteilt. Was jeder daraus macht, ist seine Sache. Und tschüss. Bis zum Wiedersehen in einem Jahr.
"Wir haben Jeder unsre aparte Passion", stichelt Zwirn beim Auseinandergehen. Auf deren Kosten sich das Premierenpublikum am Sonnabend im Schauspielhaus köstlich amüsieren konnte. Wenn es um Geld oder Liebe geht, ist sich die Paryla auch nicht zu schade, ihrer spielfreudigen Rasselbande bei rasantem Rollenwechsel ein paar spitzzüngige Töne übers hiesige Theater in den Mund zu legen.
Von der Lotterie zurück zur Lotterei ist's nicht weit. Wie in Nestroys Wien vor 170 Jahren. Während Fortunas Wink Tischler Leim ins ersehnte Glück an der Seite seiner großen Liebe Peppi und in dicke Geschäfte verschlägt, stürzen sich Zwirn und Knieriem ins lustige Elend.
Jeder nach seiner Fasson und Passion. Regisseurin Paryla hat mit der Auswahl ihres aparten Original-Österreicher-Trios Stefan Wancura (das vielleicht drolligste Lebemännchen und eitelste Lackäffchen von allen Schneidern der Welt), Axel Sichrovsky (krächzt als unverbesserliche Schnapsdrossel herrlich die Welt z'grund) und Bernhard Klampfl (Typ Bruder Liederlich, der die Kurve kriegt) einen Glücksgriff gemacht.
Das liederliche Kleeblatt kann sich in einer kunterbunten Geister- und Feenwelt mit nimmermüden Musikanten (Steffan Claußner, Gregor Kuhn) austoben. Die Bühne wird zum Karussell. Seine Herrlichkeit König Stellaris rast im goldenen Rollstuhl herum. Liebesfee Amorosa schlägt das Herz auf dem Kopf. Lothar Scharsich (Bühne und Kostüme) hat die Theatermaler pinseln lassen, was Fantasie, Wiener Volkstheaterüberlieferungen und Farbtöpfe hergaben.
Dicker Applaus, fette Bravos.

Ch. Hamann-Pönisch, Morgenpost, 24.10.2005

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  Erstellt am 24.10.2005