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David Wood
  "Der Lebkuchenmann"
 
Premiere am 20. Juni 1992
     
 
Regie: Ulrike Kölgen
    Bühne: Mathias Reuter
     

Herr von Kuckuck, der Kuckuck aus der schweizer Kuckucksuhr, hat Husten und ist heiser. Da sein Stun-denruf nur noch krächzend klingt, soll er von den Großen samt seiner Behausung im Müll landen. Seine Freunde, Herr Salz und Fräulein Pfeffer wollen dies verhindern, sind aber ratlos wie...
Da bemerken sie in der Ecke einen frischgebackenen Lebkuchenmann, der zum Leben erwacht und mit ihrer Hilfe laufen und sprechen lernt. Voller Mut und Tatendrang will er helfen und geht das Risiko ein, auf das gefährliche obere Regal zu klettern, auf dem der Honigtopf steht - die Medizin für Herrn von Kuckuck. Oben wohnt in einer Kanne der gefährliche alte Teebeutel (eine mürrische reizbare alte Jungfer, die vergessen wurde und deshalb allen Feind ist).
 
Der Lebkuchenmann gewinnt das Vertrauen des Teebeutels und kann den rettenden Honig auf den unten bereitgelegten Löffel schütten. Durch den Streit mit dem sich hintergangen fühlenden Teebeutel wachen die Großen auf, vermuten die Maus Flitsch (genannt Gamasche - Al Gapone - Typ, der nicht so cool ist, wie er sein möchte) als Urheber und streuen Gift - genau in den Honiglöffel. Gamasche mag nichts Süßes, aber Herr von Kuckuck schleckt seine Medizin, die vor Flitsch geflohenen Freunde können ihn nicht rechtzeitig warne und er liegt todkrank auf der Löffelbare. Rettung würde nur vorn einge-schnappten Teebeutel kommen, der die Heilkräuter des oberen Regals kennt und bewacht, Zu allem Überfluß vermutet Flitsch-Gamasche im Lebkuchenmann einen Rivalen. Es kommt zum Duell mit Stecknadelflorett und erst durch List der Freunde kann die Maus überwältigt werden. Das Happy End ist programmiert, die Freundschaft hat über Mißtrauen und Rivalität gesiegt und der gesunde Kuckuck erfüllt seine Aufgabe wieder zur Freude aller.
     
Die Premiere spielten:
Herr von Kuckuck
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Frank Höhnerbach
Herr Salz
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Johannes Steck
Fräulein Pfeffer
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Katharina Groth
Der Lebkuchenmann
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Roy Borm
Der alte Teebeutel
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Renate Hundertmark
Flitsch, die Maus, genannt Gamasche
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Jürgen Lingmann
Die Stimmen der Großen
(Tonaufnahme)
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Gitta Schweighöfer,
Stefan Schweninger
     
Es spielen die Mitglieder der Robert-Schumann-Philharmonie Chemnitz
 

KRITIK:

Mitternacht. Herr von Kuckuck tritt vor die Tür seines Uhrenhäuschens und versieht seinen Dienst, korrekt wie immer. Er ist die Zuverlässigkeit in Person, schließlich ist er echte Schweizer Wertarbeit. Doch da passiert das Unfaßbare: Erst hat er einen Frosch im Hals, dann versagt die Stimme ganz und gar. Jetzt ist guter Rat teuer. Die von seinem kläglichen Rufen zum Leben erwachten Bewohner des benachbarten Küchenschrankes, Herr Salz und Fräulein Pfeffer wollen ja helfen, daß der sympathische Herr von Kuckuck nicht im Mülleimer landet, was zu befürchten ist, aber wie? Es geht gleich richtig spannend los in David Woods Kinderstück "Der Lebkuchenmann", das am Sonnabend im Chemnitzer Schauspielhaus in der Gastregie von Ulrike Kölgen erfolgreich Premiere hatte. Doch bevor sich das erwartungsvolle Publikum noch einmal zurechtsetzt, um der handfesten Geschichte zu folgen, war es längst vom faszinierenden Bühnenbild gefangengenommen. Ausstatter Mathias Reuter hat mit vielen Ideen und Liebe zum Detail das Innenleben eines Schrankregals überdimensional auf die Bühne gezaubert, läßt die Zuschauer quasi wie durch eine Lupe in einen Mikrokosmos hineinschauen. Diese reizvolle Perspektive läßt gewiß nicht nur Kinderherzen höher schlagen, sondern bringt auch Eltern und Großeltern die Erinnerung zurück, daß sich selbst zwischen den simpelsten Dingen des Alltags die aufregendsten Sachen abspielen können - wenn man nur ein bißchen Phantasie hat. Und deshalb wird diese Inszenierung auch nicht nur den Jüngsten Spaß machen. Sie bietet Familienunterhaltung im besten Sinne des Wortes. Hier wird von allen Beteiligten mit solcher Perfektion und Ernsthaftigkeit gearbeitet, daß jung und alt auf ihre Kosten kommen. Die Handlung wird schlüssig erzählt und erfährt in der trefflichen Instrumentierung von Schauspielkapellmeister Thomas Voigt eine stimmungsvolle Ergänzung, die nicht zuletzt die Charakterisierung der Figuren mitträgt. Unter Thomas Voigts Leitung musizieren Mitglieder der Robert-Schumann-Philharmonie...
Die jüngste Chemnitzer Inszenierung vereint Märchenhaftes und ganz alltägliche Erfahrungen zu einem gleichermaßen wundervollen wie schlichten Spiel.

Uta Trinks, Freie Presse, 22.06.1992


 
 
 

 

 

  Erstellt am 05.02.2001