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nach Heinrich von Kleists "Penthesilea"
  "Küsse.Bisse.Penthesilea."
 
Premiere am 08. Januar 2013
   
  Stückentwicklung des Theaterjugendclubs "KarateMilchTiger"
   
    Regie: Yves Hinrichs
    Ausstattung: Yves Hinrichs / Janine Henkel


"Mein innerstes Wesen liegt darin ... der ganze Schmutz zugleich und Glanz meiner Seele", schrieb einst Heinrich von Kleist, der auch kein einfaches Leben hatte, über seine "Penthesilea". Und im Drama selbst dichtete er: "Küsse, Bisse. / Das reimt sich, und wer recht von Herzen liebt, / Kann schon das eine für das andre greifen".

Text - Theater Chemnitz !!!

 


Jugendliche in der Sprache von Heinrich von Kleist? Vor dem Schlachtfeld von Troja? Mal sehen. Das Motto lautet: Keine Rüstungen, keine Speere, keine Angst! Denn nach wie vor, sei es in Troja, im Leben Heinrich von Kleists oder heute, ist die große Frage: Was ist Liebe? Und wie weit geht man für die Liebe?

In den Kampf der Griechen um Troja greift Penthesilea, die Königin der Amazonen, mit ihrem Heer ein. Zur Erhaltung des Frauenstaates überwältigen die Amazonen Krieger aus beiden Lagern und führen sie als ihre Gefangenen zum Hochzeitsfest nach Temiscyra.
Penthesilea trifft dabei auf Achill, den besten Krieger der Griechen, und entflammt in leidenschaftlicher Liebe zu ihm - gegen das Gesetz der Amazonen, das streng verbietet, sich an einen bestimmten Mann zu binden. Auch Achill ist der Amazonen-Königin verfallen und will, entgegen Agamemnons Befehl, nicht eher vom Schlachtfeld weichen, bis er sie erobert hat ...
Penthesilea erblickt Achill - und in ihm den "Tagstern unter den Nachtgestirnen". Sie greift nach der Sonne, dem Absoluten, dem Unmöglichen, will in Achills Liebe dieses Absolute, das Lebensziel, erringen.

Und das hat sich nicht verändert über alle Zeiten, vom Schlachtfeld in Troja bis zum Schlachtfeld Schulhof: der Versuch, immer wieder, ein unbedingtes Gefühl zu leben und die Wirklichkeit nach dem Bewusstsein zu formen. Die Waffen ändern sich, mit denen dabei gekämpft wird, das Schwert wird zum Handy, die Intrige verbreitet sich via facebook - aber die Sehnsüchte, die das alles antreiben, bleiben: die innigsten Beziehungen zwischen Hass und Liebe, Seligkeit und Tod; der Wunsch, liebend zu unterwerfen und der Wunsch, sich unterwerfend zu lieben.

Text - Theater Chemnitz !!!

 

 
Die Premiere spielten:
     
Lena Arnold*
Stephanie Hummel*
Martha Kleinhempel*
Friederike Lenk*
Denise Schellenberg*
Nele Scholz*
Pauline Schöncke*
Luise Emilie Tschersich*
Sophie Uloth*
Undine Unger*
Carl Geißler*
Adrian Hänsel*
Jan Härtel*
Jakob Lenk*
Philipp Richter*
Gwendolin Unger*
Valentin Unger*
Niklas Wetzel*
     

* Mitglieder des Theaterjugendclub "KarateMilchTiger"

     
 

KRITIK:

KarateMilchTiger zerieben sich für Kleist
Irgendein kleines Trauma aus der Schulzeit schleppt wohl jeder mit sich herum. Stichwort Klassiker. Die wecken nicht bei allen die schönsten Erinnerungen.

Den Mitgliedern des Chemnitzer Theaterjugendclubs "Die KarateMilchTiger" kann so was wahrscheinlich nie passieren. Im Gegenteil. Die werden vermutlich noch eine Ewigkeit von ihren Bekanntschaften mit Shakespeare & Co. zehren. Und alle, die am Dienstagabend im Chemnitzer Schauspielhaus die Premiere ihrer jüngsten Produktion miterleben durften, gleich mit.
In ihrem neuesten Klassiker haben sich die "KarateMilchTiger" für Heinrich von Kleist (1777-1811) die Theaterseele aus dem Leib gespielt, geschrien und gefetzt Experiment "Küsse. Bisse. Penthesilea" gelungen! Große Gefühle textsicher (oft minutiös im Chor) auf den Punkt gebracht. Ensembleleiter Yves Hinrichs (Fassung, Bühne, Kostüme) und seine großartigen Darsteller führen die Liebestragödie zwischen der Amazonenkönigin Penthesilea und dem Griechenhelden Achill als Kreisspiel vor Augen. Jeder ist ständig am Fortgang der Geschichte beteiligt, steht mal mehr und mal weniger im Mittelpunkt - bekommt und nutzt seine Chance.

Ch. Hamann-Pönisch, Morgenpost, 10.01.2013

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Heinrich von Kleist, Metallica und eine verbotene Liebe
Der Theaterjugenddub "Karate-Milch-Tiger" greift mit "Küsse. Bisse. Penthesilea" zu einem klassischen Stoff. Die Sterne hängen hoch, aber nicht zu hoch.

Die Gitarren dröhnen, die Band mit Gitarren, Schlagzeug und Bass lässt es richtig krachen, die Jungs tanzen knackig eine Art Jumpstyle -bis die Mädels neugierig dazukommen. Sie hüpfen aus dem noch offenen Zuschauerraum auf die Hinterbühne. Das Geschehen scheint bei dieser Inszenierung im Schauspielhaus modern, und es wird auch gar nicht erst der Versuch unternommen, den Kampf um Troja, die sagenhafte Zeit der griechischen Antike irgendwie plausibel zu machen. Hingegen steht die Frage am Schluss, was zählt Ist es Liebe?
Die Karate-Milch-Tiger - Jugendliche von Schauspielclub - spielen ein neues Stück, "Küsse. Bisse. Pen thesilea" nach Heinrich von Kleist in der Regie ihres Leiters Yves Hinrichs. Er hat das Stück für diesen Zweck bearbeitet Es hinterlässt am Schluss einen gewaltigen Eindruck, die Eindringlichkeit der Botschaft und auch den Mut betreffend, dieses schwierige Stück in einer begreiflichen Lesart zu spielen. Denn am Ende ist klar: Liebe ist bedingungslos, Gesetz hingegen von Menschen gemacht Dieser Widerspruch kann so groß werden, dass er einen Kampf auf Leben und Tod nach sich zieht.

Hauptrolle für alle

Freilich, manches bleibt unklar, bis der Zuschauer merkt, dass die Hauptrollen von Achill und Penthesilea reihum, sogar im Chor gleichzeitig gespielt werden. Die Kampfgefährten von Achill bleiben hingegen ebenso weitgehend außen vor wie die Priesterinnen und Kriegerinnen von Penthesilea. Etwa neun Mädchen und acht Jungen schlüpfen in die Rollen der Amazonen und Griechen. Die einen beschwören den Frauenstaat mit seinen Gesetzen, die auf dem Matriarchat beruhen, die anderen das männliche Herrschaftsprinzip. Und beide bekriegen sich aufs Heftigste auf dem Schlachtfeld.

Jung und beweglich

Toll choreografiert, kommen die Kampfszenen effektiv über die Bühne: Beide Parteien rennen aufeinander los, springen sich an und fallen. Das Motto lautet Keine Rüstungen, keine Speere. Überhaupt wird auf jegliche Ausstattung verzichtet - bis auf Rosenblätter als Zeichen für den Sieg der Königin. Selbst die "kühlen Fichten", der Ort, an dem Achill Pen-thesilea zu seiner Braut machen will, bleiben der Vorstellung vorbehalten.
Rosen werden auf den Weg gestreut, wenn Penthesilea und ihre Kriegerinnen die Gefangenen zum Hochzeitsfest führen. Penthesilea trifft dabei auf Achill, den besten Krieger der Griechen, und verliebt sich. Doch dies ist gegen das Gesetz der Amazonen, das streng verbietet, sich an einen bestimmten Mann zu binden. Auch Achill ist der Amazonen-Königin verfallen und will nicht vom Schlachtfeld weichen, bis er sie erobert hat.
Regisseur Yves Hinrichs zeigt wie zuletzt in "Illustrate Illyria" ein sicheres Gespür für Klassikerstoffe, die er auf wesentliche Handlungsstränge und Themen untersucht und deutlich herausarbeitet, was heute interessiert. Die Jugendlichen finden in "Penthesilea" einen jungen, frischen, energiereichen Ausdruck für den archaischen Stoff und beweisen in ihrem Spiel, dass diese Annäherung funktioniert.
Die wortverständliche Sprache, zumal im Chor gesprochen, scheint dabei die größte Hürde. Dafür kriegen die Jugendlichen im Saal Musik bekannter Bands wie Muse und Radiohead sowie Metallica-Songs in der Adaption für Cello von Apocalyptica geboten. Sie geben dem Geschehen eine jugendgemäße Dynamik und offenbaren tolle musikalische Talente unter den jungen Schauspielern, etwa Undine Unger am Klavier sowie Martha Kleinhempel und Carl Geißler am Cello.

Marianne Schultz, Freie Presse, 11.01.2013


 

 

 

 

 

  Erstellt am 07.10.2013