Anders
Thomas Jensen |
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"Adams Äpfel" | ||
Premiere
am 04. Mai 2019 |
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Regie: Carsten Knödler | |
Ausstattung: Teresa Monfared | ||
Obwohl ihm das
Leben einiges abverlangt, hält Ivan bis zur totalen Selbstverleugnung
am Guten im Menschen fest. In seiner winzigen Pfarrei versucht er,
Strafgefangene zu resozialisieren. Text - Theater Chemnitz !!! |
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Die Premiere spielten: | ||
Ivan
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Christian Ruth |
Adam
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Marius Marx |
Gunnar
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Philipp von Schön-Angerer |
Khalid
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Philipp Otto |
Sarah
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Katka Kurze |
Poul,
Esben
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Wolfgang Adam |
Kolberg,
Jorgen
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Andreas Manz-Kozár |
Christoffer,
Holger
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Konstantin Weber |
Gruppe
Nazischläger
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Kolleginnen und Kollegen des Schauspielhauses |
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KRITIK:
Es geht nicht
nur um Apfelkuchen: Ein geläuterter Nazi begeistert Chemnitz Das Chemnitzer Schauspielhaus (Zieschestraße) hat den nächsten Filmhit auf die Bühne gebracht: Nach "Der kleine Lord" (Weihnachtsmärchen 2017) und "La Strada. Das Lied der Straße", feierte am Samstag "Adams Äpfel" in einer Inszenierung von Carsten Knödler eine umjubelte Premiere. Frisch aus dem Gefängnis entlassen, kommt der Neonazi Adam in eine kleine Pfarrei zur Resozialisierung. Er ist der dritte Zögling von Pfarrer Ivan, der seinen Aufgaben mit unerschütterlichem Optimismus nachgeht. Dabei hat auch Ivan ein schweres Schicksal zu tragen und droht an der Realität zu zerbrechen. Adams Ziel, einen Apfelkuchen zu backen, rückt dabei schnell in den Hintergrund. Mit "Adams Äpfel" beweist Schauspieldirektor Carsten Knödler sein Händchen für schwierige Themen ohne mit dem ausgestreckten Zeigefinger einen Moralapostel zu geben. Die rund zweistündige Inszenierung amüsiert, ist kurzweilig und unterhält mit rabenschwarzem Humor. Dabei wird mit typischen Klischees (Adams Glatze und Tätowierungen, Khalids Schießwut ...) gespielt und die Vorurteile auf die Spitze getrieben. Phantastische Leistung des Chemnitzer Schauspiel-Ensembles Vor allem die Dialoge
der Hauptdarsteller Marius Marx als Adam und Christian Ruth als Ivan
sind gespickt mit Situationskomik und wechseln sekündlich von absoluter
Weltfremdheit zu knallhartem Realismus. Wenn dann noch die beiden anderen
Straftäter, der Tankstellenräuber Khalid (Philipp Otto) und
der Trinker Gunnar (Philipp von Schön-Angerer) dazukommen, ist
das Durcheinander perfekt. Wie kam die bitterböse Komödie nach der Vorlage von Anders Thomas Jensen an? Schon während des Stücks ging das Publikum begeistert mit, hatte viel zu lachen und zeigte sich auch sehr sangesfreudig. Am Ende wartete ein langer Applaus auf die Darsteller. Auch wer den gleichnamige Film (mit Mads Mikkelsen als Ivan und Ulrich Thomsen als Adam) aus dem Jahr 2005 kennt, wird von der Bühnenfassung nicht enttäuscht. Victoria Winkel, Tag24, 05.05.2019 ___________________________________________________________
Adam und Ivan Pfarrer Ivan hat ein Ziel: Er will den aus dem Gefängnis entlassenen Neonazi Adam resozialisieren. So, wie er das auch bei dem Alkoholiker Gunnar und dem Tankstellenräuber Khalid geschafft hat, wie er zumindest behauptet. Bei seinen Resozialisierungsprojekten offenbart Pfarrer Ivan allerdings einen fanatischen Weltblick - der jedoch ein Schlüssel ist, um in Neonazi Adam etwas zu drehen. Das Problem: Im Film "Adams Äpfel" funktioniert das besser als in der Bühnenfassung, die am Samstag im Chemnitzer Schauspielhaus Premiere hatte. Nun muss man fairerweise sagen: Theaterregisseur, in diesem Fall der Chemnitzer Schauspielchef Carsten Knödler, und Theaterschauspieler machen es sich nicht leicht, wenn neben der Bühnenfassung ein Film existiert. Filmkundige Zuschauer kommen ums Vergleichen gar nicht herum. In diesem Fall handelt es sich auch noch um den preisgekrönten Streifen "Adams Äpfel" von 2005 mit dem großartigen Mads Mikkelsen als Pfarrer Ivan. Mikkelsen hat es ein Jahr darauf bis zum fiesen Gegenspieler von James Bond in "Casino Royale" gebracht. Auch den Pfarrer in "Adams Äpfel" spielt er nicht nur als einen Menschen, der ans Gute glaubt, sondern als einen, in dessen gnadenloser Unbeirrbarkeit sich der Wahnsinn spiegelt. Pfarrer Ivan beharrt darauf, dass alles gut ist. Schlechtes blendet er aus. So sieht er auch nicht, dass Gunnar weiter trinkt und Khalid weiter raubt. Selbst dem im Sterben liegenden Poul, der bereut, im KZ Menschen ins Unglück getrieben zu haben, entgegnet er: Halb so schlimm, "jeder baut mal Mist". Das ist so bitterböse schwarz, dass dieser und ähnliche Sätze auch im Chemnitzer Schauspielhaus ihre Wirkung nicht verfehlen: Viele Zuschauer lachen, andere schütteln den Kopf, wieder anderen bleibt das Lachen eben auch im Halse stecken. Textfassungen von Film und Theaterstück sind weitgehend gleichlautend. Aber, und das ist ein Unterschied: Pfarrer Ivan im Film merkt man an seinen biestig geäußerten Bemerkungen, seinem von oben herab geführten Tonfall und dem durchdringenden Blick an, wie er sich überhöht. Sinnbildlich hämmert er alles in sein Weltbild, bis es passt. Lässt nichts anderes gelten. Eine tickende Zeitbombe. Darin ähnelt er dem selbstredend ebenso irren Neonazi Adam. In ihrer beider Selbstüberhöhung und Verbissenheit befinden sie sich auf derselben Linie eines Koordinatensystems, nur an gegenüberliegenden Punkten. So wird es ihnen aber auch erst möglich, sich als Gegenspieler zu akzeptieren. Pfarrer Ivan auf
der Theaterbühne, gespielt von Christian Ruth, ist da etwas anders
angelegt. Vor dem hat man keine Angst, dem fehlt die Biestigkeit. Er
macht eher den Eindruck eines früheren Waldorf-Schülers. Eigentlich
ein ganz Lieber. So einen aber wird ein Neonazi insgeheim kaum respektieren
- im Film hingegen kann er das, und dieser Zugang zu dem übernatürlich
willensstarken Film-Pfarrer ist der erste Schlüssel - Ivans eigene
Wandlung dann der zweite - dafür, dass aus Adam ein besserer Mensch
wird. Das wird er auch auf der Theaterbühne, nur lässt es
sich wegen des weicheren Pfarrers schwerer nachvollziehen. Auch Adam,
gespielt von Marius Marx, gibt auf der Bühne einen Tick zu viel
den scheinbar teilnahmslosen, herumstehenden Neonazi. Der ist auch im
Film kein Energiebündel, bewegt sich aber weniger steif und somit
ebenfalls glaubhafter. Aber noch einmal: Gäbe es keinen Film, gäbe
es keinen Vergleich. Am Ende lässt sich sagen: Ruth und Marx spielen
nicht grandios wie ihre Filmkollegen, aber dennoch gut. Gut funktioniert
auch das Bühnenbild (Teresa Monfared) mit prächtigem Apfelbaum
und gleichzeitig vorhandenen Räumen wie Kanzel, Garten und Küche,
die unkomplizierte Szenenwechsel ermöglichen. Auch die anderen
Schauspieler füllen ihre Rollen gut; Gunnar (Philipp von Schön-Angerer)
ist agiler angelegt als der bräsige Gunnar im Film - in diesem
Fall ein Pluspunkt fürs Theater, weil er mit für Tempo sorgt. Katharina Leuoth, Freie Presse, 06.05.2019 ___________________________________________________________
Mit „Adams
Äpfel“ serviert Schauspieldirektor Carsten Knödler das
Stück zur Chemnitzer Lage Der eine glaubt an Gott, der andere an den Führer – beide sollte man nie unterschätzen. Der Film „Adams Äpfel“ des Dänen Anders Thomas Jensen, der sich zur Regie das Drehbuch selbst schrieb, eroberte 2005 als rabenschwarze Groteske vor allem Publikumspreise, die deutsche Bühnenversion in Übersetzung von Beate Klöckner schuf K. D. Schmidt nach dem gleichnamigen Film anno 2008 für die deutsche Erstaufführung in Oldenburg. Nun sind „Adams Äpfel“ auch am Chemnitzer Schauspiel zu erleben. Dogmatischer Optimismus Wie im Film ist
Ivan dabei ein Dorfpfarrer, der Schicksalsschläge hiobsartig wegsteckt
und dennoch mit dogmatischem Optimismus versucht, diverse Straftäter
zu resozialisieren, gleichzeitig aber an einem Hirntumor im Endstadium
leidet. So beherbergt er den kleptomanischen Alki Gunnar und den arabischen
Tankstellenräuber Khalid. Nun kommt ein humorfreier Neonaziführer,
der angesichts des Kirchenasyls und seines Paradiesgartens seine Aufgabe
darin sieht, einen Apfelkuchen zu backen, aber dabei die Kraft der Natur
mit ihren Krähen, Maden und Blitzen fast unterschätzt ...
Marius Marx spielt den granitköpfigen Adam, von dem man nicht erfährt, was er auf den Kerbholz hat, der aber in jeder Szene mit körperlicher Präsenz klarmacht, wer hier der härteste Kämpfer in der durchaus mit abgezockten Knallchargen besetzten Männer-WG ist. Doch den härtesten Schädel hat doch Ivan, den Christian Ruth wunderbar spielt – durchaus in Kontrast zu Mads Mikkelsens Filmrolle. Zweikampf um die Führung Schauspieldirektor
Carsten Knödler schärft in seiner Chemnitzer Version gegenüber
dem Original noch einmal die Konturen und inszeniert das Geschehen als
Zweikampf um die Führung auf „dem rechten Weg“, wobei
die beiden anderen schwarzen Schäfchen (Philipp von Schön-Angerer
und Philipp Otto) das Treiben interessiert beobachten, allerdings ohne
ernsthaft zu intervenieren, als die Sache zu Ungunsten ihres Herbergsvaters
zu kippen droht. Die Geschichte mündet in ein Wunder: Der sich
beim Neonaziüberfall opfernde Märtyrer überlebt, der
Schuss bläst ihm, eine Woche vor dem Exit, den faustgroßen
Hirntumor aus dem Schädel. Auch Andreas Manz-Kozár, der als zynisch-abgeklärter Arzt mit bitterem Witz für die meisten Lacher des Abends sorgt und immer wieder per eingeschobenem Krankenbett die Szenenwechsel in die Verletztensphäre symbolisiert, passt in das neuzeitliche Dorfkirchenfresko, das von Ausstatterin Teresa Monfared als bizarre Mischform von kargem Realismus und biblischer Surrealebene und Apfelbaumhimmel gestaltet wurde. Er, der empathiefreie, aber durchaus fortschrittsversessene Empiriker, verlässt den mystischen Ort. Dann machen sie weiter, nun gemeinsam: Denn der nächste Neonazi wartet bereits auf diese besondere Art der resozialisierenden Bekehrung. Weitsichtig in den Spielplan gehoben Das Vorhaben, bereits
vorm vergangenen Herbst weitsichtig in den Spielplan gehoben, gelingt:
Es ist nicht nur das passende Stück zur Chemnitzer Lage, die ja
in der moralischen Aufladung die fatale der Republik widerspiegelt,
sondern wird dank des hohen Abstraktionsgrades und der zeitlichen Belastbarkeit
von Ästhetik und Dialogen nicht nur die kommenden Wahlergebnisse
und die Entscheidung zur Kulturhauptstadt überleben. Andreas Herrmann, LVZ, 09.05.2019 ___________________________________________________________
Kampf ums Paradies Dieser Mann ist nicht nett, das sieht man gleich. Es ist ein Klischee-Nazi, der aus dem eisernen Vorhang tritt und nun an der Bushaltestelle wartet: Eisernes Kreuz hinterm Ohr, dank Glatze gut zu sehen. Darunter Bomberjacke, Sonnenrad auf der Wade, Springerstiefel. Adam. Soeben wird er aus dem Gefängnis entlassen, zur Resozialisierung kommt er zu Pfarrer Ivan, der unverdrossen ans Gute im Menschen glaubt. Der hat schon zwei weitere Zöglinge bei sich untergebracht. Den abgehalfterten und alkoholkranken Ex-Tennis-Star Gunnar und den islamischen Bankräuber Khalid. Sie alle will Ivan auf den rechten Weg zurückbringen. Jeder muss sich ein eigenes Ziel setzen, mit dem er seine Läuterung demonstriert. Adam wählt die Option, einen riesigen Apfelkuchen zu backen, mit Obst des alten Baumes im Garten der Pfarrei. Doch sein eigentliches Ziel: Er will dem Pfarrer den Glauben an die Menschen austreiben. Er ersetzt das Kruzifix in seinem kargen Zimmer durch ein Hitler-Porträt, nimmt die Baumpflegearbeiten nicht so recht ernst, geht immer wieder ins Rededuell mit Ivan. Der jedoch ist überzeugt: „Gott ist auf meiner Seite." Wie ein Mantra trägt er es immer wieder vor. Es ist der Kampf Gut gegen Böse. Die anderen Pflegeobjekte, Gunnar und Khalid, und auch zwei wieder¬kehrende Figuren aus den Reihen der Dorfbewohner, liefern beiden Seiten Argumente. Ivan erscheint immer mehr als Realitätsverweigerer, ganz in seiner eigenen, sehr postfaktischen Welt lebt er. Adam bekommt Besuch von seiner Nazi-Clique, der Kampf eskaliert in einem Schuss. „Adams Äpfel" besticht durch seinen Mut zur Überspitzung. Jede, wirklich jede Figur ist sehr nah am Klischee angelegt, die Handlung schwarz-absurd. Regisseur Knödler reizt das teilweise bis zur Albernheit aus und bietet so kontinuierlich Stoff für Lacher. Doch der eine oder andere bleibt dann doch im Halse stecken, auch dank stiller, fast erhebender Momente, die Knödler - einmal auch mit dem Publikum gemeinsam - einwebt. So schafft er die Basis dafür, dass die Entwicklungen, die die Figuren in der knapp zweistündigen Spieldauer vollziehen werden, bis zum Schluss glaubwürdig motiviert erscheinen. Christian Ruth erinnert in der Darstellung des Ivan an Knödlers Handlungsreisenden, der sich vor gut einem Jahr an der grausigen Realität abarbeiten musste: Augen zu und durch und nur nicht den Glauben verlieren. (Einschub: Was muss man aus diesem Hang zu realitätsvergessenen Hauptfiguren am Saisonende ableiten? Eine Beschreibung von Zeiten und Zuständen? Oder eine Aufforderung, es den Figuren gleichzutun angesichts der Zeiten und Zustände?) Marius Marx auf der großen Bühne wiederzusehen, macht ungemeine Freude: Hier gehört er einfach hin - und das Aggressiv-Böse liegt ihm ebenso wie das Ungelenk-Gute, das zuweilen in seinem Adam durchscheint. Unbedingte Erwähnung verdient hier auch die Ausstattung: Teresa Monafreds Bühnenbild mutet paradiesisch an, ein lieblicher Ort mit Apfelbaum - doch hält es so manchen Knalleffekt bereit. Da hat die Theatertechnik detailverliebte Arbeit verrichtet. Chapeau. Volker Tzschucke, Stadtstreicher, 06.2019 ___________________________________________________________ ___________________________________________________________
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Erstellt am 16.02.2022 | |||